Vor einigen Jahren trainierte ich die E- und F-Jugend des hiesigen Fußballvereins. Es war einfach so klasse mit den Kids. Die reine Freude. Da war pure Begeisterung für das Spiel, weniger der verbissene Zwang, immer gewinnen zu müssen. Zugegeben; diesen Ehrgeiz gab es eher bei mir.
Auch wenn niemand gerne verliert und zu gewinnen einfach ein unschlagbares Gefühl ist. So ist doch das Verlieren, das Scheitern und das einstecken und verarbeiten von sportlichen Niederlagen das Beste, was man als junger Mensch erleben kann. Lass es mich an Hand der nachfolgenden Geschichte erklären, die ich neulich gelesen habe:
"Ich beobachtete einige kleine Kinder beim Fußball spielen. Diese Kleinen sind 6 bis 9 Jahre alt, F-Junioren oder U9 genannt, doch hatten sie ein richtig ernsthaftes Ligaspiel – zwei Teams, komplett mit ihrem eigenen Trainer und den passenden Trikots. Einige Eltern verfolgten von der Seitenlinie und den vorderen Zuschauerreihen aus gespannt das Spiel. Ich kannte keinen von ihnen, deshalb konnte ich das Spiel genießen, ohne mir dabei Gedanken über Gewinner und Verlierer machen zu müssen – ich wünschte mir nur, dass die Eltern und Trainer dieselbe Einstellung hätten zeigen können. Die Teams waren ziemlich gleich stark. Da ich ihren Namen nicht kenne, werde ich sie einfach Team 1 und Team 2 nennen.
In der ersten Halbzeit schoss niemand ein Tor.
Die Kinder waren ausgelassen, unbeholfen und eifrig wie dies nur Kinder sein können. Sie fielen über ihre eigenen Füße, stolperten über den Ball, traten danach und verfehlten ihn, doch es schien ihnen egal zu sein. – Sie hatten einfach Spaß dabei!
In der zweiten Halbzeit nahm der Trainer vom Team 1 seine besten Spieler raus und ließ die Ersatzspieler rein, mit der Ausnahme seines besten Teammitglieds, den er als Torwart im Spiel ließ. Nun nahm die Begegnung eine dramatische Wende. Ich schätze, gewinnen ist wichtig, auch wenn du erst 7 oder 8 Jahre alt bist, denn der Trainer von Team 2 ließ seine besten Spieler drinnen, und die Spieler von der Ersatzbank von Team 1 waren ihnen einfach nicht gewachsen.
Team 2 schwärmte nun um den kleinen Torwart herum. Er war für seine 7 Jahre ein hervorragender Sportler, aber er hatte gegen drei oder vier gute Spieler auf einmal einfach keine Chance. Und so kam es, wie es kommen musste. Team 2 begann damit, jetzt Tore zu erzielen.
Der kleine Torwart gab wirklich alles, warf sich unbekümmert vor die ankommenden Bälle und versuchte sie tapfer abzuwehren. Team 2 schoss trotzdem schnell hintereinander zwei Tore. Das machte den jungen Torwart wütend. Wie besessen schrie er, rannte herum und tauchte nach jedem Ball. Mit all der Kraft, die er aufbringen konnte, gelang es ihm schließlich, einen der Jungen zu decken, die auf das Tor zu rannten. Doch dieser Junge schoss den Ball zu einem anderen, etwa zehn Meter entfernten Mitspieler und bis der junge Torwart sich in Position gebracht hatte, war es zu spät. Sie landeten einen dritten Treffer.
Ich fand bald heraus, wer die Eltern des Torwarts waren. Sie waren nette, gut aussehende Leute. Ich war mir sicher, dass sein Vater gerade erst aus dem Büro gekommen war, mit Krawatte und allem. Als sie ihrem Sohn Ermutigungen zuschrieen, wurde ich von dem Jungen auf dem Feld und seinen Eltern in den Zuschauerreihen total gefesselt. Nach dem dritten Tor veränderte sich der kleine Junge. Er sah, dass es keinen Sinn mehr hatte, er konnte die anderen nicht aufhalten. Er gab nicht auf, doch sein Kampfgeist war gebrochen. Verzweiflung stand ihm auf dem Gesicht geschrieben.
Auch sein Vater machte eine Veränderung durch. Vorher hatte er seinen Sohn dazu angespornt, sich noch mehr anzustrengen; er rief ihm Tipps, Ratschläge und Aufmunterungen zu. Doch dann wurde er besorgt. Er versuchte ihm mitzuteilen, dass es schon in Ordnung war, und dass er jetzt nicht aufgeben dürfe. Er fühlte den Schmerz mit, den sein Sohn durchlebte.
Dann fiel das vierte Tor.
Ich wusste, was passieren würde. Ich konnte es voraussehen. Der kleine Junge brauchte so dringend Hilfe, doch es gab keine. Er fischte den Ball aus dem Netz und übergab ihn dem Schiedsrichter, dann brach er in Tränen aus. Er stand einfach da, während große Tränen seine Wangen herunterliefen, dann sank er auf seine Knie.
Als der Vater auf seine Füße sprang, hielt ihn seine Frau am Handgelenk fest und sagte zu ihm: »Nein, tu es nicht, Ulrich! Du bringst ihn nur in Verlegenheit.«
Aber der Vater des Jungen riss sich los, stieg über die Bankreihen und lief hinaus auf das Spielfeld. Er hätte es nicht tun sollen, ganz klar, denn das Spiel ging ja weiter. Mit Anzug, Krawatte und seinen guten Schuhen rannte er hinüber zum Tor und hob seinen Jungen hoch, so dass jeder sehen konnte, dass dies sein Sohn war. Er umarmte ihn und küsste ihn und weinte mit ihm! Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so stolz auf einen Mann gewesen, wie in diesem Augenblick.
Er trug ihn vom Feld und als sie zur Seitenlinie kamen, setzte der Mann seinen Sohn sanft ab, kniete sich hinunter und ich hörte ihn sagen: »Mein Junge, ich bin so stolz auf dich. Du warst großartig da draußen. Ich möchte, dass jeder weiß, dass du mein Sohn bist.«
»Papa«, schluchzte der Junge, »ich konnte sie nicht halten. Ich hab’s versucht, ich hab’s versucht und versucht, aber sie haben trotzdem all die Tore geschossen.«
»Tim, es ist nicht wichtig, wie viele Tore sie geschossen haben. Du bist mein Sohn, und ich bin stolz auf dich. Ich möchte, dass du wieder raus gehst und das Spiel zu Ende spielst. Ich weiß, dass du aufhören möchtest, aber du kannst nicht aufgeben. Und, mein Junge, sie werden wohl wieder Tore schießen, aber das ist völlig egal. Du gibst dein Bestes. los, geh jetzt, Tim.«
Die Worte veränderten etwas in ihm, ich konnte es deutlich sehen. Wenn du ganz alleine bist, und die anderen dir Tore verpassen und du sie nicht aufhalten kannst, dann bedeutet es sehr viel zu wissen, dass es jenen, die dich lieben, egal ist.
Der kleine Junge lief zurück auf das Feld. Das andere Team schoss noch zwei weitere Tore, aber es war in Ordnung. Dann war das Spiel zu Ende.
Ich fang mir jeden Tag Gegentore ein.
Ich versuch mein Bestes zu geben.
Ich schmeiße mich unbekümmert in alle möglichen Richtungen.
Ich wüte und tobe. Ich kämpfe mit jeder Faser meines Seins.
Mir kommen die Tränen und hilflos geh' ich in die Knie.
Doch gerade dann bin ich nicht allein. Dann rennt Gott, mein himmlischer Vater, vor der ganzen Menge aufs Feld – vor der johlenden, lachenden und schadenfrohen Welt – und ER nimmt mich in den Arm, hebt mich wieder auf. ER trägt und ermutigt mich und sagt:
»Mein Kind. Ich bin so stolz auf dich! Du warst großartig da draußen. Ich möchte, dass jeder weiß, dass du mein Kind bist – für mich bist du ein Siegertyp!«
Autor unbekannt
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