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Das Portrait

 

In wenigen Tagen feiern wir Weihnachten. Fast genau vor 2 Jahren bekamen wir - wie jedes Jahr - Weihnachtspost von unseren lieben Freunden Maggy & Arnd aus Bremen. Als Beilage Ihrer kreativen Glückwünsche hatten sie dieses Mal auf einem extra Zettel eine wunderbar treffende Geschichte aufgeschrieben. Keine mir bislang bekannte und vergleichbare Story beschreibt die Bedeutung von Weihnachten so treffend, wie diese: 

 

Es war einmal ein sehr reicher Mann, ein wahrer Kunstkenner seines Zeichens. Er lebte in Philadelphia. Seine wunderbare Frau war bereits vor vielen Jahren gestorben. Nun lebte er allein mit seinem einzigen Sohn in einem großen alten Haus. Beide, Vater und Sohn, verband eine innige Liebe zur Kunst und zur Malerei. Sie liebten Gemälde von bekannten Künstlern und so bereisten beide gemeinsam viele Länder Europas, stets auf der Suche nach einzigartigen Bildern und Kunstschätzen. Die Wände ihres Hauses waren geschmückt mit den wertvollsten Gemälden z.B. von Rembrandt, Picasso, Monet, Klimt, van Gogh - und sogar ein Vermeer war dabei.

 

Doch dann brach ein schrecklicher Krieg aus und der junge Mann wurde zum Militärdienst einberufen. Bereits wenige Wochen später erhielt der Vater ein Telegramm. Sein Junge gelte nach schweren Kämpfen als vermisst. Tage später bestätigten sich seine schlimmsten Befürchtungen. Sein Sohn war bei dem Versuch, einen verwundeten Kameraden aus der Schusslinie zu ziehen und dessen Leben zu retten, selber tödlich verwundet worden. Tiefe Traurigkeit und Verzweiflung erfüllte sein Herz. Nun stand er ganz allein da. In wenigen Tagen war Weihnachten.

Am Morgen des 24. Dezember klopfte es an seiner Tür. Der Vater öffnete und vor ihm stand ein junger Soldat, der ein kleines Paket in seinen Händen hielt und sagte: „Ich bin der Kamerad, dem ihr Sohn das Leben gerettet hat, bevor er selber dabei starb. Darf ich eintreten?“ Der Vater bat ihn hinein und schloss die Tür. „Leider kann ich mich bei Ihrem Sohn nicht mehr bedanken, denn er ist gestorben, als er mir das Leben rettete. Aber Ihnen möchte ich danken, denn er hat oft in dankbarer und so wunderbarer Weise von Ihnen gesprochen“. Der Soldat berichtete, wie der Sohn des alten Mannes immer wieder von seiner Liebe zur Kunst und zu den Bildern erzählt hatte. „Ich bin selbst Künstler, wenn auch nur ein ganz kleiner und unbedeutender,“ sagte der junge Soldat, „aber ich möchte Ihnen ein Geschenk übergeben.“

 

Der junge Mann reichte dem Vater das schlichte Paket. Behutsam und etwas zittrig öffnete er es. Es enthielt ein Porträt seines Sohnes, dass der junge Soldat gemalt hatte. Überglücklich bedankte sich der Vater und versprach, das Bild seines Sohnes an einem besonderen Ehrenplatz im Haus aufzuhängen. Als der Junge Soldat gegangen war, nahm der alte Mann sofort ein wertvolles Bild von der Wand über dem Kamin und hängte das Portrait, welches sein Sohn darstellte, dort auf. Die ganzen Weihnachtstage betrachtete er es immer und immer wieder. Das Bild seines Sohnes war sein größtes Glück, sein größter Schatz, sein wertvollster Besitz. Den umliegenden Nachbarn erzählte er immer wieder, das dieses Bild das wohl schönste Geschenk sei, das er je erhalten habe.

Einige Monate später – es war inzwischen wieder Herbst geworden, erkrankte der alte Mann so stark an einer Lungenentzündung, dass er nach wenigen Tagen starb. In seinem Testament hatte er zwischenzeitlich festgelegt, dass alle Bilder in seinem Haus am nächsten Weihnachtsfest versteigert werden sollen.

 

Dann kam der 24. Dezember, der Jahrestag, an dem er das Portrait seines Sohnes von dem jungen Soldaten erhalten hatte. Eine große Auktion war vorbereitet worden. Sammler aus aller Welt hatten sich eingefunden, um eines dieser wertvollen Kunstwerke zu ersteigen. Sie waren begierig auf die teuren Schätze und warteten ungeduldig, bis der Auktionator die Versteigerung endlich eröffnete. Doch die Auktion begann zunächst mit einem Gemälde, dass nicht auf der Liste stand. Es war das Portrait des Sohnes.

 

Der Auktionator bat um das erste Gebot. Stille. Es herrscht tiefes Schweigen im Saal. Minuten vergingen, niemand sprach ein Wort. Endlich rief jemand von weit hinten: „Wer will denn schon dieses Bild - es ist doch nur ein wertloses Portrait seines Sohnes. Rufen Sie endlich die wertvollen Gemälde auf. Die, die auf der Liste stehen. Deswegen sind wir alle schließlich her gekommen.“ Es folgte beifälliges Gemurmel und Zustimmung von allen Seiten. „Nein“, entgegnete der Auktionator, „wir müssen zuerst dieses Bild veräußern!“

Ganz hinten im Auktionssaal saß ein langjähriger Freund und Nachbar des verstorbenen Kunstkenners. Kein reicher Mensch, aber stets hilfsbereit und freundlich. Er war nur gekommen, um die Bilder noch einmal zu sehen und zu erfahren, was mit Ihnen geschehen würde. Er hob schließlich seine Hand und sagte: „Würden Sie 10 Dollar akzeptieren? Das ist alles, was ich aufbringen kann. Ich habe seinen Sohn, der auf dem Portrait abgebildet ist, persönlich gekannt. Ich nehme das Bild sehr gern.“

 

Der Auktionator blickte in die Runde: „10 Dollar sind geboten, meine Damen und Herren. Bietet jemand mehr?“ Wieder war die Antwort ein ungeduldiges Schweigen. Der Auktionator zögerte noch. Dann fuhr er fort: „ok - 10 Dollar sind geboten, 10 Dollar - zum ersten, zum zweiten und“ – nach einer langen Pause – „zum dritten.“ Der Hammer viel mit einem lauten Schlag, begleitet von allgemeiner Erleichterung und einem deutlich hörbaren Raunen im Saal. Einer aus dem Publikum rief zufrieden: „Na endlich  - jetzt können wir zu den wirklichen Kunstschätzen kommen.“

 

Der Auktionator aber schaute zu ihm herüber und sagte: „Tut mir leid, mein Herr, aber die Auktion wurde soeben beendet“. Staunen und Unglauben erfüllte den Raum: „Was soll das heißen, sie ist beendet?“ schrie ein anderer. „Was ist zum Beispiel mit dem van Gogh? Und was ist mit dem Rembrandt? Wir sind bereit, viel Geld dafür auszugeben, hier geht es um Millionen.“ Der Auktionator zuckte unschuldig mit den Achseln und erwiderte:

 

„Das ist ganz einfach zu beantworten. Der alte Mann hatte für die Versteigerung seiner Bilder als seinen letzten Willen bestimmt:

 

„Wer den Sohn nimmt, der bekommt alles.“

 

Was für ein Ende der Geschichte. Aber es ist eigentlich erst der Anfang. Denn Weihnachten ohne den tieferen und zugleich wahren Sinn zu erleben ist wie ein Meer ohne Wasser. Dann ist kein Meer ein Meer mehr. Und so erinnert uns die Weihnachtsgeschichte aus der Bibel an Gott, unseren himmlischen Vater, dessen Sohn auf diese Welt gekommen ist, um uns von unserer Schuld zu befreien und die Beziehung zu Gott wieder herzustellen, sie zu heilen. Auch in der Bibel heißt es: "Wer den Sohn hat, der bekommt alles:"

 

"Gott hat nicht einmal seinen eigenen Sohn verschont, sondern hat ihn für uns alle gegeben. Und wenn Gott uns Christus gab, wird er uns mit ihm dann nicht auch alles andere schenken?" (Römerbrief, Kapitel 8, Vers 32)

 

Im 1. Johannesbrief, Kapitel 4, Verse 9-10 schreibt der Apostel Johannes:

 

"Gottes Liebe zu uns zeigt sich darin, dass er seinen einzigen Sohn in die Welt sandte, damit wir durch ihn das ewige Leben haben. Und das ist die wahre Liebe: Nicht wir haben Gott geliebt, sondern er hat uns zuerst geliebt und hat seinen Sohn gesandt, damit er uns von unserer Schuld befreit."

 

In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern ein sinnerfülltes und glückliches Weihnachtsfest, an dem jeder vielleicht auch etwas Zeit für das Wichtigste findet: die Menschwerdung Gottes auf dieser Erde.

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Kommentare: 2
  • #1

    Wilfried Müller (Donnerstag, 21 Dezember 2023 19:55)

    Vielen Dank für deine wunderbare Geschichte!
    Besser kann man die Bedeutung von Weihnachten nicht erklären.

  • #2

    Patrick Müller (Freitag, 22 Dezember 2023 15:42)

    Das ist ein wirklich wunderschöne Geschichte. Danke fürs Teilen! :)